1. Gesang
Ich tu meinen letzten Atemzug
Und weiß, ich hab`s verkackt
Chaos ist um mich herum und Lüge,
Tod und Teufel, Mord und Betrug.
Ja, die Lüge ist die schlimmste aller Sünden.
Einmal den Weg betreten,
Gibt’s kein Zurück.
Lüge, Lüge, Lüge steht gegen
Liebe, Liebe, Liebe!
Ich bin gefangen im Netz des Bösen,
Weil ich die, die ich liebte, verriet.
Nun sterbe ich elend und ohne Kraft.
In mir brennt das Höllenfeuer der Reue.
Doch es gibt keine Erlösung.
Weil ich sterbe
und nicht mehr ändern kann,
Was ich verbrochen.
2. Gesang
Gier und Eitelkeit war,
Was mich trieb.
Der Thron hat mich verdorben,
Einsam und blind gemacht.
Ich sah die Menschen um mich herum,
Nur wie lästige Insekten,
Die ich zerquetschen muss,
Damit sie mich nicht stechen.
Da ich die Macht besaß,
War die Versuchung groß,
Sie auch zu nutzen.
Kaum ein Verbrechen begangen,
das ich genoss,
Strebte ich schon nach dem Nächsten.
Das bereitete mir Lust und Befriedigung,
Weil ich dachte, über jeder Moral zu stehen
Und Gott gleich zu sein,
Den ich verachtete,
Weil er mich nicht bremste
und strafte für meine Vergehen.
3. Gesang
Jetzt weiß ich,
Dass ich hätte umkehren können
und Reue zeigen!
Aber dazu war ich zu stolz
Ich fürchtete,
Schwach zu erscheinen
Und unglaubwürdig
In meiner Strenge.
Jetzt weiß ich,
Dass ich die, die ich am meisten liebte,
Aus Eitelkeit verstieß,
Weil sie nicht mit mir kämpfen wollte
Und sanft war.
Das hat mich beleidigt.
Ich wollte nie sanft sein,
Sondern stark wie ein Löwe,
Ein Adler, ein Krokodil.
Aber das war ich nicht,
Was ich jetzt weiß.
Meine Haut ist dünn
Und mich friert ohne Kleidung.
Deshalb suchte ich nackt
Nach Wärme von Vielen.
Doch kaum erwärmt,
Wars mir genug.
Ich dachte,
Ich müsste mich schämen,
Nackt meine Schwäche gezeigt zu haben.
Ich verstieß die,
Die mich eben noch wärmten.
4. Gesang
Nun ist mir auf ewig kalt
Ich bereue zu spät.
Mir bleibt nur die Kälte des Weltalls
Und die nasse Erde,
In die mich die Töchter lieblos betten.
Würmer werden an mir nagen,
Meinen sündigen Körper verdauen.
Vielleicht legen mich meine Töchter aber
In die prächtige Gruft
Und mir bleibt der Zerfall
Durch Balsamierung erspart.
Dann bin ich für ewig eingesperrt
Mit meinen Ahnen,
Die genauso waren, wie ich,
Mordeten und raubten.
Nicht nur ihre Körper,
Sondern auch den Geist und
Die Seele der Menschen.
Und ihr verängstigtes Herz.
5. Gesang
Kind, Kind, Tochter, Tochter
Cordelia, Du wahre Regina
Du Himmelskönigin,
Ich hab Dich ermordet, der eigene Vater,
Mit Worten und Taten,
Verstieß Dich,
Die mich retten wollte und liebte.
Mein einziger Trost ist,
Dass Dich Frankreich liebte
Und Dir auch Vater war,
Was ich schändlich verweigerte.
Verzeih mir, Du Engel!
Ich weiß, Du hast das längst getan!
6. Gesang
Selbst, wenn mein Grab geschändet würde
Und keine Knochen mehr von mir zu finden,
So bliebe doch die goldene Krone
Auf ewig der Nachwelt erhalten.
Ich schenkte sie Deinen Schwestern,
Die ihrer unwürdig waren,
Was ich zu spät erkannte.
Ich glaubte ihren falschen Schwüren.
Auf Deinem Haupt hätte sie gestrahlt, Cordelia,
Und die Geschichte unserer Ahnen
Und ihrer Verbrechen gerettet.
Die Verführung dunkler Mächte war stark.
Sie erschien mir zu reizvoll,
Als dass ich hätte widerstehen können.
Ich verriet meine Verantwortung als König.
Ich wollte nicht wahrhaben,
Dass das falsche Strahlen der Krone
In die Verdammnis und Hölle führt
Und niemals ins Licht des Himmels.
7. Gesang
Nun ist mein Ruf auf ewig verdorben.
Er hallt von den Sternen wider,
Die mich noch nicht mal bedauern,
Da sie kalt sind und ohne Mitleid.
Ich habe das auch nicht verdient.
Unzählige Sterne sind erloschen,
Auf denen es vielleicht einmal Leben gab.
Nun glänzen sie nur für sich
In rätselhaften Sphären.
Deine Liebe hätte die Geschichte verändert,
Aber ich ließ sie nicht zu,
Um keine Schwäche zu zeigen.
8. Gesang
Da draußen im Weltall locken die Sterne,
Die wir auch hier
Auf der Erde suchen,
Weil uns ihr Glitzern verführt.
Aber dort oben, wie auch hier,
Antwortet nur Kälte
Man hält sich besser fern.
Es gibt keine Luft zum Atmen.
Die Verlockung ist groß,
Das Glitzern zu sammeln und zu horten,
Sie verbrennt unser armes, dummes Herz.
Sein furchtbares Glühen kühlt es mit Eis.
Bis es nicht mehr lieben kann.
Nicht mehr lieben können,
Ist die schlimmste Strafe, mein Kind,
Cordelia, Du Himmels Regina.
Wenn die Gier Dich gepackt hat
Und Dein Herz in Stein verwandelt,
Hilft nicht mal mehr Morden,
Um noch zu fühlen.
Ohnmächtige Wut
Trieb mich weiter und weiter,
Bis um mich her nur noch öde Wüste war
Und gnadenloser, eisiger Sturm.
Die Kräfte, die durch Gier gerufen,
zerreißen und verschlingen mich.
Ich stürze allein in den Abgrund,
Bin für immer ohne Deinen Trost.
Du bist schon auf der anderen Seite
Und unerreichbar für mich.
9. Gesang
Die Gräuel der Mächtigen
Werden erzählt und bewundert.
Sie sind eingebrannt
Im Gedächtnis der Menschheit.
Doch ist das ihre Strafe auf Ewig.
Das ist das Höllenfeuer,
In das auch meine
Unerlöste Seele gehen muss.
Das Paradies ist Vergessen
Und Gleiten zu den Sternen.
Nur der Schein der Liebe und Vergebung
Bringt Wärme auf die Erde zurück.
Ich liebe Dich Tochter, Cordelia!
Das sage ich mit meinem letzten Atemzug.
(co) Regina Schulte am Hülse, Berlin, den 26.8.22